Musikgeschichte - Gymnasium
Der gregorianische Choral ist nach Papst Gregor I. († 604) benannt, der auch Gregor der Grosse genannt wird. Ungefähr in seiner Zeit – erstmals dokumentarisch belegt gegen Ende des 7. Jahrhunderts – wurde in Rom die Schola cantorum gegründet, die für die Pflege und Weiterentwicklung der kirchlichen Gesänge von grosser Bedeutung war. Sie sang in der Messe zum Einzug des Klerus regelmässig einen sogenannten "Introitus" und zur Kommunion die "Communio". Darüber hinaus wurden Gesänge für das Stundengebet, Hymnen und Gesänge für das Ordinarium (die festen Bestandteile der Messe) geschaffen; die Namen der Komponisten sind jedoch anonym, da es sich um klar kirchlich-funktionale Musik handelt und die Gesänge vorwiegend mündlich überliefert wurden.
Die angebliche Beziehung eines Papstes namens Gregor zu den später als gregorianisch bezeichneten Gesängen taucht schriftlich nachweisbar erstmals im zweiten Drittel des 9. Jahrhunderts im Prolog des Cantatoriums von Monza auf. Dort heisst es:
Unklar ist allerdings, ob der Autor des Prologes, der sich auf ältere, verschollene Vorlagen stützen konnte, Gregor I. oder Gregor II. meinte und ob Praesul Gregor lediglich als Verfasser der textlichen Zusammenstellung oder auch als Komponist der musikalischen Fassung der Gesänge beschrieben wird.
Nach übereinstimmender Meinung von Historikern und Musikwissenschaftlern kann Papst Gregor I. aber nicht als der Komponist oder Herausgeber dieser Stücke betrachtet werden. Seine Autorschaft wurde behauptet oder angenommen, um Gestalt, Repertoire und Melodien der römischen Liturgie – gestützt auf eine unbezweifelte geistliche Autorität – als göttlich gegeben auslegen zu können.
Den Ablauf der heiligen Messe beschreibt die Messliturgie oder Messordnung (Ordo missae). Die Messtexte werden allgemein eingeteilt in gleichbleibende Teile – das Ordinarium – sowie die an den einzelnen Tagen unterschiedlichen Teile – das Proprium (vor allem die biblischen Lesungen).
Die liturgischen Bücher (Messbuch und Stundenbuch) sind in mehrere Abschnitte gegliedert: das Proprium de Tempore enthält die nach den Erfordernissen des Kirchenjahres wechselnden Texte, das Proprium de Sanctis, die mit den Heiligenfesten wechselnden Texte.
Ordinarium | Proprium |
---|---|
Introitus | |
Kyrie eleison/Christe eleison | |
Gloria | |
Graduale (Zwischengesang) mit Halleluja und Vers (Chor und Solist) oder mit Tractus (vom 9. Jhd. an: Sequenz) | |
Credo | |
Offertorium (Gabenbereitung) mit Versen für Chor und Solist | |
Sanctus - Hosanna - Benedictus | |
Agnus Dei | |
Communio | |
Ite, missa est |
Das Kirchenjahr beginnt, anders als das Kalenderjahr mit dem 1. Advent. Aus folgender Übersicht kann man später bestimmen, welcher Choral an welchem Tag gesungen wurde (Zusammenstellung nach Jürg Schläpfer):
1. Advent - 2. Advent - 3. Advent [Gaudete; Phil.4] - 4. Advent 24. Dezember [Vigil von Weihnachten]
Festzeit25.12. Weihnachten - 26.12.[Stephanus] - 27.12. [Apostel Johannes] - 28.12. [unschuldige Kinder] - 31.12. [Silvester; Papst und Bekenner] 1.1. Fest der Beschneidung der Herrn - 6.1. Erscheinung des Herrn [Epiphanie / HI. Drei Könige / Dreikönigsfest] - Sonntag nach Erscheinung: Fest der hl. Familie Jesus, Maria und Joseph
Nachfestzeit2./3./4./5./6.Sonntag nach Erscheinung
Sonntag Septuagesima = 70 Tage (vor Ostern)
Sonntag Sexagesima = 60 Tage (vor Ostern)
Sonntag Quinquagesima = 50 Tage (vor Ostern)
Fastenzeit [ohne Sonntage: 40 Tage bis Ostern; vgl. Matth. 4,2]Aschermittwoch - 1. Fastensonntag [Quadragesima] - 2./3./4. Fastensonntag - Passionssonntag - Palmsonntag - Gründonnerstag - Karfreitag - Karsamstag
[Karwoche von „Kar" = Wehklagen. Gründonnerstag - „grienen" (altdeutsch) = weinen]
Festzeit [nach Ostern folgt fünfzigtägige - pentakoste - Freudenzeit; bis Pfingsten]Ostern [Auferstehung Jesu Christus; 1. Sonntag nach dem Frühlingsvollmond]
Ostermontag - Osterdienstag - Weisser Sonntag - 2./3./4./5. Sonntag nach Ostern - Christi Himmelfahrt [Donnerstag] - Sonntag nach Christi Himmelfahrt Pfingsten - Pfingstmontag – Pfingstdienstag
NachfestzeitDreifaltigkeit [Trinitatis; 1. Sonntag nach Pfingsten] - Fronleichnam [Donnerstag] - je nach Ostertermin bis zu 27 Sonntage nach Pfingsten
Eine Übersicht über die Heiligenfeste findet sich hier:
Die Hexachordlehre stellt ein Model dar, um die örtliche Stellung eines Tones bezüglich der angrenzenden Intervalle und nicht eines rein tonhöhenbezogenen konkreten Tonortes zu definieren. Dies geschieht mittels einer Struktur von sechs (griechisch: hex) aufeinanderfolgenden Tönen, welche mit den Solmisationssilben (Anfangssilben des Johannes-Hymnus „Ut queant laxis") benannt werden. So beinhaltet ein Hexachord folgende Intervallstruktur (GT = Ganzton, HT = Halbton):
Diese Abfolge ist die grösstmögliche Reihe von Tonmaterial innerhalb des Systema teleion, welche nur einen Halbton enthält. Guido von Arezzo, sowie weitere Theoretiker, die seine Ideen weiterführten, haben diese Eigenschaft genutzt, um mit den Hexachorden das ganze Tonsystem vollständig abzudecken. Vom tiefsten Ton dieses erweiterten Tonsystems, dem Γ (Gamma, Ton g) bis zum e reicht das sogenannte Hexachordum durum. Die entsprechenden Hexachorde von c bis a sowie f bis d werden Hexachordum naturale, respektive Hexachordum molle genannt. Letzteres ermöglicht den Einbezug des Halbtonschritts a-b (mit dem b-molle) in das Tonsystem. Daraus ist auch die Nomenklatur der heutigen Tonleitern Dur und Moll, sowie die Zeichen ♭ (als b rotundum, also "runder" Bauch des Buchstabens b) und ♮ (als b quadratum, also "quadratischer" Bauch) herzuleiten, auch wenn es die Tonleiter-Denkweise in Dur und Moll in der Praxis erst in der späten Renaissance gab.
Das Choralrepertoire verwendet als Grundlage bezüglich Tonvorrat und Tongeschlecht die sogenannten Modi (auch "Kirchentonarten", sing. Modus). Diese werden heutzutage meist als Skalen(Tonleitern) verwendet, wie wir unsere Tongeschlechter Dur und Moll verwenden. Diese Art von System wurde jedoch erst von Guido von Arezzo in seinem Traktat "Micrologus" von 1025 erstmals theoretisch erwähnt. Der gregorianische Choral entstand aber bereits früher in Rom und hat sich dort bis zur Mitte des 8. Jahrhunderts als Repertoire gefestigt. Er wurde anschliessend weiter in die europäischen Gebiete verbreitet und wahrscheinlich weitestgehend unverändert [mündlich] tradiert. Deshalb wurden Modi nicht skalisch, sondern in einer Art Floskeldenken (ähnlich der heutigen Psalmtöne) verwendet.
Die einstimmigen gregorianischen Gesänge sind auf den Schlusston (Finalis) bezogen. Jeder Gesang hat zudem zumeist einen zentralen Melodieton (Repercussa), der für den Modus charakteristisch ist. Dieser befindet sich je nach Tonart eine Terz, eine Quarte, eine Quinte oder eine Sexte über dem Schlusston (Finalis) der Melodie. Die Einteilung ist in Anlehnung an die improvisierte Textrezitation entstanden (Psalmtöne) und umfasst acht Modi mit den Schlusstönen d, e, f und g. Der häufig wiederholte Ton (Repercussa) der authentischen Töne (Tonraum bis zu einer Oktave über der Schlussnote, Über- und Unterschreitungen möglich) liegt eine Quinte über der Finalis d, f, g und eine Sext über der Finalis e. Die Repercussa der plagalen Töne (Tonraum bis zu einer Quinte oberhalb der Finalis und einer Quarte unterhalb, Abweichungen nach oben und unten möglich) liegt eine Terz über den Schlusstönen d und f und eine Quart über den Schlusstönen e und g.
Westkirchlicher Name | Ostkirchlicher Name (gregorianischer Name) | Finalis | Reper-cussa |
---|---|---|---|
Dorisch | Erster Ton (Protus authenticus) | d | a |
Hypodorisch | Zweiter Ton (Protus plagalis) | d | f |
Phrygisch | Dritter Ton (Deuterus authenticus) | e | (h) c |
Hypophrygisch | Vierter Ton (Deuterus plagalis) | e | (g) a |
Lydisch | Fünfter Ton (Tritus authenticus) | f | c |
Hypolydisch | Sechster Ton (Tritus plagalis) | f | a |
Mixolydisch | Siebter Ton (Tetrardus authenticus) | g | d |
Hypomixolydisch | Achter Ton (Tetrardus plagalis) | g | c |
Hilfsmittel:
Aufgabe:
An welchem Tag oder zu welchem Heiligenfest wird er gesungen?
An welchem Tag oder zu welchem Heiligenfest wird er gesungen?
An welchem Tag oder zu welchem Heiligenfest wird er gesungen?
Hilfsmittel:
Aufgabe:
Welche Parameter hast du bei deinen Notizen dargestellt?
Notiere die dargestellten Parameter auf dein Blatt. (Möglich sind z.B.: Tonhöhe, Tondauer, Dynamik/Lautstärke, Artikulation, Klangfarbe oder Text)
Lade ein Foto deiner Skizze zur Besprechung im Plenum auf die Cloud in den unten verlinkten Ordner (Benenne das Dokument im Format "MG_Neumen_Name_Klasse"):
Bei den Neumen (vom griechischen Begriff „νεῦμα" („neuma") → „Wink") handelt es sich um spezielle graphische Zeichen, bzw. Symbole über den zu singenden Texten, die in der Notation des gregorianischen Chorals zum Einsatz kommen. Sie haben ihren Ursprung im 8./9. Jahrhundert und dienen dazu, den melodischen Verlauf der Melodien der gregorianischen Choräle festzuhalten. Die Neumenschrift wurde entwickelt als "Kontrollnotation", das heisst diente nicht vorwiegend der schriftlichen Überlieferung, sondern - wie bei deiner Skizze der Aufgabe 2 - den Geistlichen als Merkhilfe beim Singen des mehrere Tausend Choräle umfassenden Repertoires. Die Tonhöhe kann nur bei sogenannten diastematischen Neumenschriften absolut ermittelt werden. Der Rhythmus lehnt sich an die natürliche Sprechweise (Rezitation) des Textes an, wobei Melismen (mehrere Töne pro Silbe) einzelne Silben in ihrer Länge dehnen.
Als Quadratnotation wird die letzte Entwicklungsstufe der diastematischen Neumen bezeichnet, die in der mittelalterlichen Kirchenmusik stattgefunden hat. Sie entwickelte sich auf Basis des durch Guido von Arezzo im Jahr 1028 erfundenen Neumenlinien-Systems (Notation auf vier Linien im Terzabstand), mit dessen Hilfe es nun möglich war, die Tonhöhe einzelner Töne anzuzeigen und Tonintervalle festzulegen. Ab dem Ende des 12. Jahrhunderts wurde es üblich, die Neumen aufgrund der Verwendung von Federkielen quadratisch darzustellen. Diese bis heute in Choralbüchern verwendete quadratische Notation wurde im Zuge der Wiederaufnahme des Repertoires des Gregorianischen Chorals im Laufe des 19. Jahrhundert standardisiert.
Übersetzung:
Tag des Zornes, jener Tag löst die Welt(-Zeit) in Glut(-Asche) gemäss dem Zeugnis Davids und der Sibylla.
Welch grosses Beben wird sein, wenn der Richter erscheint zur strengen Prüfung von allem.
Das Dies irae ist ein mittelalterlicher Hymnus über das Jüngste Gericht. Vom 14. Jahrhundert bis 1970 wurde er in der Totenmesse (Requiem) als Sequenz der gesungen. Ausserdem konnte er „ad libitum" (nach Belieben) im Stundengebet an Allerseelen und in der letzten Woche des Kirchenjahres (dieses beginnt am Vorabend des 1. Adventssonntags) verwendet werden. Der Text wurde durch das Konzil von Trient (1545–1563) als fester Bestandteil des Requiems bestätigt.
Die spätere Verwendung des Dies Irae, lässt sich in zwei Richtungen unterteilen:
Auch in Filmmusik wird das Dies Irae gerne zitiert, um Unheilvolles anzukündigen:
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Aufgaben: